Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU am 01.01.2020 gab es zunächst eine Übergangsphase bis Ende 2020, in der das EU-Recht für Großbritannien grundsätzlich weiterhin galt, jedoch ohne britisches Mitbestimmungsrecht in den EU-Institutionen. Das Vereinte Königreich war in dieser Zeit weiterhin Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion.
Bis 2021 hatte das Vereinte Königreich somit Zeit sich eigenständige Regelungen und Gesetze zu bisher bestehenden Europäischen Richtlinien und Verordnungen zu schaffen. Zu großen Teilen orientierte sich oder übernahm das Vereinte Königreich den Wortlaut der europäischen Rechtstexte. Dieser Umstand dürfte die angekündigte Weiterbenutzung der CE-Kennzeichnung zu 18 Vorschriften des Departments for Business and Trade (DBT) begünstigt haben (siehe Link).
Insbesondere in der Material Compliance deuten sich jedoch inhaltliche Unterschiede in der EU und der UK an:
RoHS (nicht Teil der DBT-Ankündigung)
Während die EU-Kommission weiterhin über Fristverlängerungen zu verschiedenen RoHS-Ausnahmen berät, hat UK ein eigenes Ausnahmeverfahren eingeführt, welches wesentlich schneller zu sein scheint. Die britischen Entscheidungen über Verlängerungsanträge könnten vor den europäischen veröffentlicht werden. Sie orientieren sich also nicht mehr an dem europäischen Wortlaut, auch die relevanten Entscheidungsfaktoren können sich unterscheiden.
Konkret zu beobachten wird die erste Unterscheidung voraussichtlich anhand der Ausnahme 65 beziehungsweise EU RoHS Anhang IV 1(a) „Blei und Cadmium in ionenselektiven Elektroden, einschließlich Glas von pH-Elektroden“ sein.
REACH
In der 11. Runde für Empfehlungen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zur Aufnahme in Anhang XIV werden acht Stoff(gruppen) aufgerührt, unter anderem Blei und Diisohexylphthalat. Das britische Äquivalent zur ECHA, Health and Safety Executive, hat hingegen nur Diisohexylphthalat zur Aufnahme in Anhang 14 der zulassungsbeschränkten Stoffe vorgeschlagen.
Es zeichnen sich somit inhaltliche Unterschiede ab, je nach Ausgang der finalen Konsultationen.
Worin sich die EU und UK REACH bereits unterscheiden sind die Einträge der Anhänge XVII beziehungsweise 17 zu den beschränkten Stoffen sowie der jeweiligen Kandidatenliste. Bei beiden Stofflisten gab es in der UK keine neuen Einträge seit 2021.
Durch diese inhaltlichen Unterschiede wird eine separate Betrachtung der Stofflisten und Bedingungen unumgänglich.
Haben Sie Fragen zu REACH oder RoHS in UK? Sprechen Sie uns gerne an!
Autorin
Linda Kritzler (B. A.)
Material & Environmental Compliance Consultant