Künstliche Intelligenz und Produktsicherheit im Maschinenbau

Aufnahme von KI in Maschinenrichtlinie möglich

Die Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz (KI) werden aktuell sehr intensiv in verschiedenen Kreisen diskutiert. Da aktuell über eine Revision der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in Brüssel diskutiert wird, ist u.a. auch hier die Aufnahme von KI in den Anhang I der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen ein Thema. Entgegen der ursprünglichen Planung wird die EU-Kommission erst im 2. Quartal 2021 ihren Entwurf der Revision veröffentlichen (siehe hier).  

Für künstliche Intelligenz gibt es keine allgemein anerkannte Definition. Das DIN und die DKE haben in einem gemeinsamen Projekt mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine Normungsroadmap für Künstliche Intelligenz erarbeitet, um hier einen umfassenden Überblick über Status Quo, Anforderungen und Herausforderungen sowie Normungs- und Standardisierungsbedarfe zu verschiedenen Schwerpunktthemen rund um Künstliche Intelligenz zu liefern.

Ein wichtiger Aspekt von KI ist, unter welchen Voraussetzungen sicherheitsrelevante Entscheidungen eines Systems von Methoden der künstlichen Intelligenz beeinflusst oder automatisiert getroffen werden dürfen. Konkrete rechtliche Vorgaben fehlen derzeit noch. Die bisherigen Binnenmarktvorschriften nehmen auf den Aspekt KI bisher keinen Bezug. Gerade im Maschinen- und Anlagenbau wären KI-Systeme denkbar und deshalb wird sicherlich in der Revision der Maschinenrichtlinie hierauf Bezug genommen, um einen Bewertungsmaßstab für die rechtlich geforderte Risikobeurteilung zu haben. 

Von der Hierarchie der Schutzmaßnahmen ausgehend (sog. Produkthaftungspyramide), ist ein Produkt so zu konstruieren, dass Gefährdungen erst gar nicht entstehen können. Wo dies nicht umsetzbar ist, müssen Schutzeinrichtungen die Risiken so weit verringern, bis nur noch vertretbare Restrisiken übrig sind. Über diese müssen schließlich die Anwender informiert werden (Instruktionspflichten). Einen wesentlichen Anteil an diesem Konzept haben Steuerungen, wenn sie dazu eingesetzt werden, Sicherheitsfunktionen eines Produktes auszuführen (vgl. Anhang I, Nummer 1.2.1, 2006/42/EG). Entscheidend ist, dass Hersteller in der Lage sind, die von ihren Produkten ausgehenden Risiken zu beurteilen.  

Hier liegt das Problem: Die Designer von Systemen, die auf den komplexeren Methoden der künstlichen Intelligenz basieren (wie etwa maschinelles Lernen mit neuronalen Netzen), können bisher selbst im Nachhinein nicht zufriedenstellend erklären, warum sich ihr System auf eine bestimmte Weise verhalten hat.  

Ziel soll es sein, mit solchen eher aus dem Risikomanagement kommenden Ansätzen auch für Methoden der künstlichen Intelligenz Kriterienkataloge für ein akzeptables Risikoniveau aufzustellen. Diese Kriterienkataloge können Festlegungen zu Spezifikation und Modellierung, Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, Übertragbarkeit auf unterschiedliche Situationen, Verifizierung und Validierung des Systems, Überwachung während der Laufzeit, Mensch-Maschine-Interaktion, Prozesssicherung und Zertifizierung sowie sicherheitsbezogener Ethik und Datensicherheit enthalten.  

Daher fordert das Europäische Parlament eine Verordnung (EU) über ethische Grundsätze für die Entwicklung, den Einsatz und die Nutzung von künstlicher Intelligenz, Robotik und damit zusammenhängenden Technologien. Darin werden solche Kriterien für die Bewertung der Konformität vorgeschlagen.  

Erste Ansätze finden sich in dem jüngst veröffentlichten Fachbericht ISO/TR 22100-5 3 „Safety of machinery - Relationship with ISO 12100 - Part 5: Implications of artificial intelligence machine learning“ (Januar 2021). Neben der Revision der Maschinenrichtlinie wird die EU-Kommission auch einen Vorschlag für eine Verordnung zur künstlichen Intelligenz vorlegen, die rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen für die Verwendung künstlicher Intelligenz enthält. Diese Rahmenbedingungen müssen vollständige, klare und verifizierbare Anforderungen dafür enthalten, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen sicherheitsrelevante Entscheidungen eines Systems von Methoden der künstlichen Intelligenz beeinflusst oder automatisiert getroffen werden dürfen.

Neues aus der Welt der Normen und Product Compliance

Auch wenn die Welt der Normen und Marktzulassungsanforderungen nicht allzu schnelllebig ist – es gibt auch hier regelmäßig Neuigkeiten und Neuerungen. Hier halten wir Sie auf dem Laufenden!

Weitere Neuigkeiten zu Normen und Product Compliance
GLOBALNORM News
"Spenden statt Versenden" geht in die fünfte Runde

Nächstenliebe statt Weihnachtskarten

mehr

"Spenden statt Versenden" geht in die vierte Runde

Nächstenliebe statt Weihnachtskarten

mehr

20 Jahre GLOBALNORM – Von der Zwei-Mann-Firma zum erfolgreichen Mittelständler

mehr

STANDARDS News
EU: Rechtssache „Malamud“ und EUGH-Urteilsverkündung zum 5. März 2024

Gegenstand und Folgen des Urteils für die Europäische Normung

mehr

EU: Neue gesetzliche Normen für Funkanlagen mit USB-C-Ladeschnittstelle

EU-Kommission schreibt die anzuwendenden Normen direkt in die Funkanlagen-Richtlinie

mehr

Neue ISO 13849-1 zur Sicherheit von Maschinen veröffentlicht

Veröffentlichung unter der Maschinenrichtlinie steht noch aus

mehr

COMPLIANCE News
EU: Batterieverordnung – Probleme in der Praxis bei der Einordnung von leichten Blei-Batterien

Wir bieten Unterstützung bei der Abgrenzung von Geräte- und Industriebatterie

mehr

USA: Freiwilliges Label zur Cybersicherheit von der Federal Communications Commission in den USA veröffentlicht

Startschuss für Zertifizierungsprogramm von drahtlosen IoT-Produkten 2024 möglich

mehr

EU: Geplante Stoffbewertungen 2024

Community Rolling Action Plan (CoRAP)

mehr

Login
x

Gemäß der Cookie-Richtlinie der EU (RL 2009/136/EG) möchten wir Sie darüber informieren, dass unsere Website Cookies verwendet. Wenn Sie unsere Webseite benutzen, akzeptieren Sie das und stimmen unseren Datenschutzbestimmungen zu. Welche Cookies konkret gesetzt werden und wie Sie von Ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen können, erfahren Sie auf unserer Seite zum. Datenschutz.

OK