Im KANBrief 2/21 (Kommission Arbeitsschutz und Normung) hat der freie Journalist Stefan Krempl in einem Beitrag die langfristige Normungsstrategie von China skizziert. Mit der Strategie „China Standards 2035“ verfolgt die chinesische Normungsorganisation SAC das Ziel, technologisch bedeutsame Normungsfelder zu besetzen, in dem sie die Sekretariate mit ihren eigenen Fachleuten besetzen. Das große Ziel ist, zum 100. Geburtstag der Volksrepublik im Jahr 2049 technologischer Weltmarktführer zu sein. Als Zwischenstation will sie sich bereits in bestimmten Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz etablieren.
Geplante Zwischenstationen:
- 2025: Aufrücken in der globalen Wertschöpfungskette,
- 2035: Mittelfeld der führenden Industrienationen und schließlich
- 2049: führende Industrienation
(Quelle: Germany Trade & Invest, Webinar vom 11.05.2021, www.gtai.de)
Im Bereich der Patentanmeldungen sind sie bereits führend. Parallel hierzu hat die chinesische Regierung erkannt, dass Normung als Strategieinstrument genutzt werden kann, um den Führungsanspruch durchzusetzen. Dazu fährt die Staatsführung eine mehrgleisige Strategie:
- Sie vereinheitlicht das nationale Normungswesen,
- bringt ihre Experten bei ISO und IEC in leitenden Funktionen unter und
- sie versucht, eigene Standards mit der Initiative „Neue Seidenstrasse (Belt and Road)“ in die beteiligten Länder – insbesondere Afrika, Asien und Europa – zu exportieren.
Nährboden für dieses Vorgehen bildet das Forschungsprojekt „China Standards 2035“. Beteiligt waren hier SAC, die Akademie für Ingenieurwissenschaften, Universitäten und Forschungseinrichtungen. Untersucht wurde, wie das Normungssystem die politischen Ziele Chinas unterstützen kann. Dem Staatsrat wurden die Ergebnisse Anfang 2020 vorgelegt. Ein offizieller Abschlußbericht wurde bisher nicht veröffentlicht.
Allerdings wird ein unveröffentlichtes Papier vom Staatsrat als Vorlage für eine neue chinesische Normungsstrategie diskutiert. Am 7. Juni 2021 hat Frau Sibylle Gabler, Leiterin Regierungsbeziehungen beim DIN im Rahmen einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses zum Thema „Internationale Normierung und Standardisierung im Bereich neuer Technologien als Teil des geopolitischen Wettbewerbs“ referiert. Gemäß dem Motto „Wer die Norm macht, hat den Markt“ hätten die verschiedenen Länder weltweit unterschiedliche Philosophien, so Gabler. China verfolge im Gegensatz zu den USA und Europa einen staatsgetriebenen Top-down-Ansatz. (mehr dazu siehe "Weitere Informationen")
Noch führen Deutschland und die USA bei ISO und IEC nach wie vor die meisten Sekretariate. Allerdings hat China in den letzten Jahren sehr stark aufgeholt und investiere immense Ressourcen in die Übernahme von Projektführungen. Neue Themen bei ISO kämen nicht mehr unbedingt aus Deutschland. Dementsprechend werden gemeinsame Anstrengungen und eine klare Strategie im Umgang mit China benötigt. Dieses Thema werden wir in unserer Konferenz „Product Compliance“ am 9. September 2021 aufgreifen.
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