Die Fragen, die aktuell in unseren Postfächern landen, ähneln sich:
„Müssen unsere Geräte EEBUS können?“ – „Bis wann?“ – „Reichen proprietäre Steuerungen noch aus?“
Spätestens seit der Veröffentlichung des Beschlusses BK6-22-300 der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist klar: Für Hersteller von Wallboxen, Wärmepumpen, Batteriespeichern und Steuerboxen beginnt eine neue Phase. Die regulatorischen Anforderungen werden technisch greifbar – und die Weichen stehen eindeutig auf Standardisierung.
§ 14a EnWG – Der rechtliche Auftrag
Der § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verpflichtet Netzbetreiber, steuerbare Verbrauchseinrichtungen (SVE) in das Netz zu integrieren – also Geräte, deren Leistungsaufnahme bei Bedarf zeitweise reduziert werden kann. Gleichzeitig ermächtigt der Paragraph die Bundesnetzagentur, verbindliche Vorgaben dazu zu treffen, wie diese Steuerung technisch und organisatorisch erfolgen soll.
Damit wird die Energiewende erstmals verbindlich operationalisiert: aus einem politischen Ziel wird eine technische Pflicht und auch wenn § 14a formal Netzbetreiber adressiert, wirken seine Anforderungen mittelbar direkt auf die Hersteller, deren Geräte künftig steuerbar und kommunikationsfähig sein müssen.
Der Beschluss BK6-22-300 – Dreh- und Angelpunkt für Hersteller
Mit dem Beschluss BK6-22-300 vom 27. November 2023 hat die Bundesnetzagentur den gesetzlichen Auftrag aus § 14a EnWG umgesetzt. Die Festlegung trägt den Titel: „Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen“.
Für Hersteller sind insbesondere Artikel 2 bis 4 sowie Artikel 10 (Übergangsvorschriften) relevant:
- Artikel 2 definiert, was als steuerbare Verbrauchseinrichtung gilt – etwa Wallboxen, Wärmepumpen und Batteriespeicher.
- Artikel 3 beschreibt die Teilnahmeverpflichtung, also welche Anlagen künftig steuerbar sein müssen.
- Artikel 4 regelt die netzorientierte Steuerung – wie und wann Netzbetreiber in kritischen Situationen die Leistungsaufnahme temporär reduzieren dürfen.
- Artikel 10 enthält Übergangsfristen und Klarstellungen, ab wann welche Anforderungen greifen.
Für die Praxis besonders interessant ist die Tenorziffer 2a und der zugehörige Anhang I des Beschlusses:
Hier wird auf die technische Schnittstellenempfehlung verwiesen, die von der Normungsseite – konkret dem VDE FNN – ausgearbeitet wurde. Darin wird EEBUS als bevorzugter Kommunikationsstandard erwähnt, der eine einheitliche, interoperable Steuerung ermöglichen soll.
Technische Umsetzung – vom Beschluss zur Norm
Mit BK6-22-300 ist der regulatorische Rahmen gesetzt. Die technische Umsetzung erfolgt jetzt in den einschlägigen VDE-Gremien. Dort wird festgelegt, wie Steuerbarkeit, Kommunikation und Netzintegration konkret auszusehen haben – von der Steuerbox über das Kommunikationsprotokoll bis hin zu Sicherheitsanforderungen.
Das Lastenheft Steuerbox 1.4 bildet dabei eine wichtige Grundlage für die technische Steuerung.
Es beschreibt, wie Steuerbefehle empfangen und umgesetzt werden – unabhängig davon, ob per Schütz, Modbus oder digitaler Kommunikation (EEBUS). Was den Kommunikationsstandard betrifft, deutet derzeit vieles darauf hin, dass sich EEBUS als Mindeststandard etablieren wird. Entscheidend wird aber sein, ob die kommende Fassung der VDE-AR-N 4100 diesen Standard auch zum „Stand der Technik“ erklärt.
Was das konkret für Hersteller bedeutet
Für Hersteller von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder Steuertechnik ergeben sich jetzt drei zentrale Handlungsfelder:
- Kommunikationsfähigkeit sicherstellen:
Geräte müssen Befehle empfangen, auswerten und die Leistungsaufnahme anpassen können.
- Schnittstellenstrategie planen:
Proprietäre Steuerungen können aktuell weiterbetrieben werden – langfristig wird aber Interoperabilität Pflicht.
- Normenentwicklung beobachten:
Wer heute Geräte entwickelt, sollte die laufenden Arbeiten an der VDE 4100 und den VDE-Anwendungsregeln eng verfolgen, um Anpassungen rechtzeitig einzuplanen.
Der Blick nach vorn
Der regulatorische Rahmen steht. Doch die entscheidende Frage lautet:
Wird EEBUS als Mindeststandard Pflicht oder bleibt er eine Empfehlung?
Die Antwort hängt maßgeblich davon ab, ob die neue VDE-AR-N 4100 EEBUS zum Stand der Technik erhebt.
Noch liegt die finale Veröffentlichung nicht vor – aber alle Zeichen deuten darauf hin, dass die Kommunikationsschnittstelle künftig eine zentrale Rolle spielen wird. Sobald die neue VDE 4100 veröffentlicht ist, erfahrt ihr es hier zuerst.
Haben Sie weitere Fragen zu EEBUS? Für noch mehr Unterstützung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail mit Ihrer Frage oder nutzen Sie dazu unser Kontaktformular.
Autor
Manfred Böhm
Product Compliance Consultant
BEGRIFFE UND ABKÜRZUNGEN
VDE FNN: VDE Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN)
EnWG: Energiewirtschaftsgesetz
EEBus: Standardisiertes Kommunikationsprotokoll für die Energievernetzung